(Seaside Story #12) Die Weltmeere sind ein eigenes Kapitel für sich, und die „Landratten“ unter uns werden die mit der See verbundene Komplexität nie verstehen. Während wir Normalsterblichen beim Blick auf die unendlichen Weiten der Meere eine komplette Entspannung und Ruhe (zumindest bei ruhigem Fahrwasser) verspüren und den Drang inne haben, abzuschalten, gibt es Dinge, die so wohl nur auf dem Meer zu finden sind. Angefangen mit den Knoten…
Die große Kunst der Knoten. Knoten und Seefahrt, diese zwei Komponenten sind unweigerlich miteinander verbunden. Und während die Schifffahrer bereits zu frühesten Zeiten besonders gute und festhaltende Knoten schnell binden mussten, sollte das Schiff nicht während des Landbesuchs alleine die Reise fortführen, haben die Matrosen ungefähr seit dem 17. Jahrhundert die Geschwindigkeit auf dem Meer natürlich auch in Knoten gemessen.
Ungenaue Einheit. Dafür wurden in eine Leine in bestimmten Abständen Knoten gemacht und an einem Ende mit einer bleibeschwerten Bake aus Holz verbunden. Diese Holzkonstruktion, im Englischen als „Log“ bekannt, wurde stündlich über Bord geworden. Da sich das Schiff natürlich fortbewegte, das schwere Log aber fast unverändert an seiner Position am Meeresgrund verharrte, konnten die Matrosen festhalten, wie viele Knoten vom Tau die Hände passierte. War die Zeit, in der Regel 14 Sekunden, abgelaufen, wurde die Bake wieder eingeholt. In einer Rechnung mit den passierten Knoten, der abgelaufenen Zeit und der mithilfe eines Kompasses bestimmten Position auf der Landkarte konnte so die Geschwindigkeit ausgerechnet werden und in das „Logbuch“ des Schiffes eingetragen werden. Allerdings waren diese Angaben in der Regel sehr ungenau, da die Matrosen die Bewegung vom Wasser nicht einberechneten. Und so kam es durchaus häufiger vor, dass Seemänner eine scheinbar nicht enden wollende Reise unternahmen. Was dabei rauskam?
Seemannsgarn – Der Quatsch Comedy Club der Weltmeere. Noch lange, bevor die Seeleute sich mit Satellitenfernsehen oder Spielkonsolen in der freien Zeit auf einer Reise beschäftigen konnten, in einer Zeit, als Tropenkrankheiten und katastrophale Hygienebedingungen das Leben auf einem Schiff bestimmten, entstand das Seemannsgarn. Abgeleitet wird der Name vom „Schiemannsgarn“, das in arbeitsfreier Zeit auf Deck um Leinen gebunden wurde. Hierbei hatten die Matrosen genügend Zeit, sich die verrücktesten Geschichten und Erlebnisse auf offener See zu erzählen. Getrost kann man auch die Leichtgläubigkeit viele Seefahrer zu den Gründen zählen, warum sich das Seemannsgarn so hartnäckig auf den Schiffen hielt. Joachim Ringelnatz hielt einst fest: „Verwirrt und in Verlegenheit vor den tausend Fragen, die an sie gerichtet werden, kommen sie dann leicht dazu, zu lügen oder aufzuschneiden, Seemannslatein zu erzählen, Seemannsgarn zu spinnen.“
Beim Klabautermann! Ein immer wiederkehrender Gast dieser Geschichten ist der Klabautermann. Dieser soll ein guter Schiffsgeist sein, der über das Schiff wacht und in der Nacht mit einem Hammer nach morschen und undichten Stellen im Holz sucht. Aber wehe, ein Matrose sieht ihn: Der Legende nach zeigt sich der Klabautermann, bevor er ein Schiff verlässt und dieses kurze Zeit später sinken wird. Andere Erzählungen von Schiffen-verschlingenden Riesenkraken oder ähnlichen Geschöpfen mögen Übertreibungen, optischen Täuschungen oder Unwettern geschuldet sein. Doch ein besonderer Seemannsgarn ist aus realem Lebens-Stoff gestrickt:
Rauchen ist tödlich! Der Legende nach stirbt ein Seemann, wenn sich jemand seine Zigarette mit einer Kerze entzündet. Tatsächlich verdingten sich viele Matrosen, die keine Arbeit fanden, auf dem Land mit dem Verkauf von Streichhölzern. Zündete sich jemand seine Zigarette in dem Vor-Feuerzeug-Zeitalter also mit einer Kerze an, wurde ein arbeitsloser Seemann um seinen Verdienst gebracht – und konnte so seinen Lebensunterhalt nicht verdienen.
Lasst Euch in der nächsten Woche bloß nicht in Stress verstricken!
Jan & BeSeaside
P.S.: Und bevor ein Seemann stirbt, lasst das Rauchen lieber ganz..